Wer mal aus Beirut raus will und nicht so Lust hat, die
Touristenpfade durchs Land weiter plattzutreten, der sollte dringend ins MACAM
(Modern and contemporary Art Museum) nach Alita fahren.

Hier, weit oben in den Bergen mit hinreißender Aussicht auf
Hänge, das Meer und die widerlich zahngelbe Wolke, in der Beirut liegt, haben
Cesar Nammour und Gabriela Schaub eine grandiose Sammlung libanesischer
Exponate. Sie stellen überwiegend Skulpturen und Installationen der modernen
Kunst und Contemporary Art aus. In unerwartet großen Hallen reihen sich
Arbeiten aus verschiedensten Materialien aneinander. Die Kunst ist hier so
unvermutet und unmittelbar zu erleben, dass es mir für eine Weile die Sprache verschlagen
hat. Mit einem Besuch lässt sich die Vielfalt des Dargebotenen auf keinen Fall
begreifen, aber das scheint auch nicht die Intention zu sein. Das MACAM wirkt
eher wie eine Lern- und Lebensumgebung, als ein bloßer Ausstellungsraum
Das Museum hat sich der Erinnerung verschrieben:
Libanesische Kunst soll archiviert und vor dem Vergessen geschützt werden.
Deshalb bieten die Eigentümer grandiose Workshops vor allem für Kinder an. Hier
wird jungen Menschen auf rührend menschliche Weise unter anderem der politische
und gesellschaftskritische Ansatz der Werke vermittelt und auch abstrakte Kunst
für sie greifbar gemacht.

Die meisten Ausstellungsstücke sind dem MACAM gestiftet
worden. Profit wollen die Kuratoren mit dem Museum nicht machen, ihnen geht es
um die Kunstvermittlung. Diesen Selbstanspruch kann man nicht auf dem Museumsgelände
förmlich atmen. Die Atmosphäre ist vollkommen ungezwungen, familiär und ruhig.
Junge BesucherInnen müssen nicht fürchten, sie könnten Ärger bekommen, weil sie
auf blanken Museumsfußböden zu laut mit den Turnschuhen quietschen: gleich am
Eingang stehen alle erdenklichen Materialien bereit, um Kunst nicht nur zu
rezipieren, sondern selbst zu produzieren. Kunst muss hier für Kinder nicht
leblose Langeweile bedeuten, sondern sie können sie in ihrer bunten,
aussagekräftigen Lebendigkeit erfahren, die ich für den Libanon so typisch
finde.

Das Innenleben des Museums ist nicht das einzige, das den
Weg ins kleine Alita lohnt: Das MACAM liegt in einem weitläufigen, zur Zeit
saftig grünen Garten, in dem einem Gänseblümchen zunicken, der Hundewelpe Bobby
um Aufmerksamkeit winselt und die Luft so sauber schmeckt, dass man seiner
Lunge kaum trauen mag. Es gibt Manakish und bunte Hängematten, Kaffee und
Zitronenlimonade und keine Möglichkeit sich nicht wie ein Schulkind in den
Sommerferien zu fühlen. Am liebsten möchte man hier tagelang barfuß durchs Gras
laufen und sich nie wieder den Gerüchen und Geräuschen der Großstadt ergeben
müssen.
Ohne naiv zu wirken, lässt sich hier eindrucksvoll beides
erleben: Spannende, aussagekräftige Kunst und eine intensive Naturerfahrung.
Es scheint untertrieben, einen Besuch nur zu empfehlen. Man
sollte das MACAM und seine Gründer auf keinen Fall verpassen.
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